#25 | Ponte Vasco da Gama
Liebe Leute,
heute geht es um die Geschichte hinter den Bildern - und am Ende auch um die Bilder ;-) )
Ich war nach 20 Jahren erstmalig wieder in Lissabon - und zum ersten Mal seit ich ambitioniert fotografiere. Die Vasco da Gama-Brücke stand natürlich auf meinem Wunschzettel der Motive, die ich trotz Familien-Sightseeing-Urlaub zur fotogenen Tageszeit ablichten wollte.
Architekturfotografie Lissabon
Also hieß es früh raus (es war schließlich Sommer) und das möglichst leise, damit niemand aufwacht. Auf den Straßen habe ich in der Nähe der noch lärmenden Diskotheken am Tejo auch bald ein Taxi anhalten können. Per googlemaps habe ich dem des Englischen nicht ganz mächtigen Taxifahrer zeigen können, wo in der Nähe der Brücke er mich absetzen sollte.
Kaum waren wir aus dem Zentrum raus, machte es "rums" und das ganze Taxi ruckelte. Mit etwas Verzögerung hatte ich realisiert, dass uns jemand von hinten ins Taxi gefahren ist, und schon rammte uns das andere Auto erneut, diesmal von der linken Seite - um dann an uns vorbeizuziehen und die Flucht nach vorne anzutreten. Mein kleiner, untersetzer portugiesischer Taxifahrer echauffierte sich, trat seinerseits ebenfalls aufs Gas und deutete mit der rechten Hand auf das Taxometer im Rückspiegel. "No pay, no pay" kramte er aus seinem rudimenteären Englischwortschatz hervor - und schon fand ich mich mit 100 Sachen auf einer automobilen Verfolgungsjagd durch Lissabon wieder!
Verfolgungsjagd durch Lissabon
Immer wieder kam er an das andere Auto heran, doch dies hielt nicht an, sondern entkam immer wieder - bis es nach einigen Kilometern, viel Hupen und dem beharrlichen Nichtabschüttelnlassen meines Taxifahrers schließlich doch rechts ran fuhr. Ein breitschultriger Hühne von 1m90 entstieg dem anderen Auto - und trauf auf meinen untersetzten und sicher nur maximal 1m65 großen Taxifahrer. Was die beiden miteinander Sprachen habe ich nicht verstehen können. Dass der Andere aus einer der Kneipen am Tejo kam und sicher zu viel Vinho verde oder ander Alkoholika intus hatte, konnte ich auch ohne Sprachkenntnisse ableiten. Ohne dass der Rempler seine Personalien herausgerückt hatte, stieg er wieder ein und fuhr davon.
Mein enttäuschter, ja entsetzter Taxifahrer verstand die Welt nicht mehr. Doch er verstand meine Bildsprache - in Form des abfotografieren Nummernschildes des Unfallverursachers! Immer gut, seine Kamera dabei zu haben ;-) So konnte ich seine verständlicherweise arg gedrückte Stimmung immerhin etwas aufbessern. In erneut sehr rudimentärem Englisch fragte er mich, ob ich Ihn zur Polizei begleiten wollte. Ein Blick in Richtung Horizont machte klar: Nein, keine Lust, denn es dämmerte bereits! Ich will doch genau jetzt auf Position sein und fotografieren...!
Um es kurz zu machen: Ich habe ihn noch zu Polizei begleitet, von dort noch zur Verkehrspolizei, wo er den Unfall meldete und ich als Zeuge in eine portugiesische Akte Einzug erhielt. Als das alles fertig war, stand die Sonne schon hoch am Horizont. An's Fotografieren war nicht mehr zu denken - wenigsten hatte ich eine gute Tat getan. Kostenlos wurde ich dann vom Taxifahrer wieder ins Zentrum gebracht. Ich ließ mich an Mercado da Ribeira absetzen, um den Tag - wenn schon ohne Foto - wenigstens mit einem leckeren Pastel de Nata und einem guten Kaffee zu beginnen.
Am nächsten Tag habe ich es erneut gewagt - und unfallfrei zur Brücke geschafft! Der Sonnenaufgang war an diesem Tag leider ohne kleinere Wölkchen im Himmel, doch ich bin mit meinen Bildern sehr zufrieden. Ob der Betrunkene mittlerweile seine gerechte Strafe erhalten hat, weiß ich nicht. Aber erneut habe ich erfahren, wie viel Aufwand hinter einem einzigen gelungenen Landschaftsfoto stecken kann! Und heilfroh bin ich, dass der Unfall so glimpflich verlief - und weder uns noch dem Unfallverursacher körperlich etwas zugestoßen ist.
Hier nun die Bilder, ich hoffe, sie gefallen euch!